Passion Eiger

„Der Eiger bedeutet mir sehr viel. Keinen anderen Berg kenne ich besser und an keiner anderen Wand habe ich mehr Zeit verbracht.“

Roger erzählt von den ersten Klettermetern, den Niederlagen, den Erfolgen und den Besonderheiten, die das Klettern an einem der berühmtesten Berge der Welt ausmacht.

Der Alpinist Roger Schäli beklettert weltweit die schwierigsten Routen im alpinen Stil oder durchklettert neue, noch unerschlossene Passagen. Fünfzig komplette Eiger-Durchstiege kann er für sich verbuchen. Zusammen mit seinen Seilpartnern gelangen ihm die jeweils ersten freien Begehungen der drei Eiger Direttissimas. Die Erstbegehung der aktuell schwersten Felskletterroute durch die Nordwand folgte.

Gleichzeitig berichtet Roger Schäli auch über sein jüngstes Abenteuer, das Projekt North 6, in dem er gemeinsam mit Simon Gietl im September 2021 die sechs grossen Nordwände der Alpen als Enchainement in nur 18 Tagen durchstieg und von einer Wand zur nächsten mit dem Velo fuhr. Für Roger ist dies Grund genug, sich in einem Vortrag voll und ganz auf seinem Lieblingsberg zu fokussieren. Passion Eiger erzählt von den ersten Klettermetern, von Niederlagen und Erfolgen, von den Besonderheiten, die das Klettern an einem der berühmtesten Berge der Welt ausmachen.

Der Eiger und Roger Schäli, das war wohl die berühmte Liebe auf den ersten Blick. Mit 18 Jahren stieg der Schweizer Profialpinist dem berühmten Dreitausender erstmals über den Mittellegigrat aufs 3970 Meter hohe «Haupt»; ein Jahr später feierte der Sörenberger bereits seine Nordwand-Premiere. Im Sommer 2019 konnte Schäli seinen insgesamt 50. kompletten Eiger-Durchstieg für sich verbuchen; auch für den Extremkletterer eine beeindruckende Zahl.

«Aber man muss auch demütig gegenüber dem imposanten Berg sein. So vielen Erfolgserlebnissen stehen auch ebenso viele Versuche gegenüber. Der Eiger ist unerbittlich. Ich bin dutzende Male in der Nordwand geklettert, ohne oben auf dem Gipfel oder an der Westflanke auszusteigen», erinnert sich der 41-Jährige.

Um die grossen Eiger-Routen im kompletten Freikletterstil wiederholen zu können, müssen viele Dinge zusammenpassen. In die «Japaner Direttissima» investierte Schäli beispielsweise sieben Jahre Planung, disziplinierte Vorbereitung, hartes Training und unzählige Versuche, bis er die Route endlich realisieren konnte.

Schneller ging es im Sommer 2019. Innerhalb weniger Tage konnte der Kletterprofi mehrere Projekte am Eiger erfolgreich abschließen. Zunächst die Route «Löcherspiel» mit Lucien Caviezel, wenige Tage später dann die komplette Rotpunktbegehung der bekannten und anspruchsvollen Route «Deep blue sea». Den krönenden Abschluß von Schälis «Eiger-Sommer» bildete schließlich die erste eintägige Rotpunktbegehung der schweren Mehrseillängentour «La Vida es Silbar» zusammen mit Sean Villanueva O’Driscoll.

Vom Eiger hat Schäli aber noch lange nicht genug: «Der Eiger bedeutet mir sehr viel. Keinen anderen Berg kenne ich besser und an keiner anderen Wand habe ich mehr Zeit verbracht. Auch wenn mir der Eiger sehr vertraut ist: Er bleibt ein Mythos mit vielen magischen, aber auch tragischen Geschichten. Je mehr ich am Eiger klettere, umso enger fühle ich mich mit dem Berg verbunden und desto stärker repräsentiert er meine Bergsteiger-Karriere.»

Im NORTH6-Projekt haben Roger Schäli und Simon Gietl die sechs grossen Nordwände der Alpen in nur 18 Tage durchstiegen und sind von einer Wand zur anderen geradelt. Am 17.09.21 begannen die beiden in Italien mit der Grossen Zinne in der Comici-Führe (7). Für die 500 Meter hohe Wand brauchten sie nur drei Stunden. Der zweite Streich folgte am Piz Badile im Bergell drei Tage später. Wiederum drei Stunden benötigte die Seilschaft für die 900 Meter hohe Cassin-Route (6). Das Velo brachte sie am 13.09.21 zur Eiger-Nordwand, die sie entlang der Route Chant du Cygne (7a) durchstiegen. Die klassische Schmid-Führe (80°, WI4+, M4, 1.200m) an der Matterhorn-Nordwand war ihr nächstes Ziel, das sie sich in zwölf Stunden durch schlechte Wetterverhältnisse erkämpften. Roger bezeichnete diesen Aufstieg als «grenzwertig». An der französischen Dru blieb Neuschnee ihr Begleiter in der Allain-Route, von der aus sie wetterbedingt auf das klassische Nordcouloir (AI 6+, M8, 900m) auswichen, 17 Stunden waren sie am Berg unterwegs. Am 24.09.21 konnten beide ihr Projekt an den Grandes Jorasses abschliessen, die sie durch das Linceuil direct (70-90°, WI5-6+, 1.100m) erstiegen. Insgesamt umfasste das Projekt 18 Tage, davon 1 Ruhetag und 3 Pausentage wegen schlechten Wetters, 30.770 Höhenmeter im Aufstieg und 29.470 Höhenmeter im Abstieg zu Fuss, per Bike und mit dem Gleitschirm. «Für mich war das wohl mein schönstes Bergsteigererlebnis», schwärmt Roger Schäli.